Dienstag, 11. September 2012

Nach Hause

Mit dem Volkslied "Wenn ich den Wanderer frage,..." klingt diese lange und nicht leichte Reise aus. Meine liebe Frau hat sich den von den Belastungen der letzten zwei, drei Fahrtage erstmal leidlich gesund geschlafen. Sie wandert vom überaus ruhigen und erholsamen Platz "Amerika" in Franzensbad Richtung Stadt und lässt mir Zeit und Ruhe, über unsere Erfahrungen zu räsonieren.


"Wenn ich den Wanderer frage,wo kommst Du her,
von Hause, sagt er, und seufzest schwer.
Wenn ich den Wanderer frage, wo gehst Du hin,
nach Hause, spricht er mit leichtem Sinn."

Mit diesem Lied klingt die lange und nicht immer leichte Reise aus. Die Nächte sind jetzt deutlich kälter. Noch lange am Morgen bis beinahe 10.00 Uhr liegt schwerer, feuchter, kalter Nebel über dem Platz "Amerika" in Franzesbad. Die nahen Bäume zeichnen sich nur als Schemen in grauer Nebelsuppe ab. Der Unterschied zwischen morgentlicher Nachkälte und dem bis bald 30 Grad aufgeheiztem Fahrzeug an Nachmittag sind gesundheitlich kaum zu verkraften. Wir husten. Bargeld, obgleich oft beim Tanken und Einkauf von der Scheckkarte gepumpt, geht zur Neige. Meine Frau hat mehrmals, bevor Belastungen bedrohlich und gefährlich wurden, mit emotionaler Erregung gebremst. Pausen zur rechten, zur höchsten Zeit. Recht hat sie. Die lange Liste unserer Übernachtungsplätze zeigt: Es ist genug!


Stationen der Reise

 1. Bamberg
 2. Saaleck
 3. Nach Magdeburg in der "Pampa" Sandkrug
 4. Havelberg
 5. Müritz
 6. Gatscheck am Tollensesee
 7. Kolberg / Polen
 8. Leba / Polen
 9. Sopot/Zoppot / Polen
10. Stega / Polen
11. Gizycko / Polen
12. Folwark / Polen
13. Kaunas / Litauen
14. Panevézys / Litauen
15. Bauska / Lettland
16. Riga / Lettland
17, Tuja / Lettland
18. Cesis / Lettland
19. Madona  am Krankenhaus / Lettland
20. Vilnius / Litauen
21. Vor Gostynin / Polen am Gasthof
22. Posznan-Posen / Polen
23. Slawia / Polen
24. Teplice / Tschechien
25. Frantiskovy Lazne-Franzensbad / Tschechien
26. Adlitz/Ahorntal
27. Bamberg


             KM            Liter             Euro
66837 43,27 63,56
67495 74,93 110,07
68096 65,81 96,00
68795 70,84 100,00
69455 40,37 28,80
69893 42,19 57,97
70077 19,19 26,47
70475 74,17 106,00
70910 46,91 66,25
71358 50,76 72,88
71811 51,36 76,99
4974579,8804,99
Verbrauch:11,65 Ltr.
                              pro 100 km


Notbremse

Zwar fängt der Tag gut und sonnig an. Die letzten Euros gehen drauf, um bei Caravan Degen in Eckersdorf die Türjalousie reparieren zu lassen. Das Verdunklungsrollo zerriss am Anfang der Reise, der geschickte Handwerker richtet es wieder am Ende der Reise. In unserem Monat auf den Straßen lieferte Dometic, der Hersteller der Aufbautür, das Kälte und Licht abhaltende Rollo. Einem handwerklichen Laien wie mir bleibt kaum eine Chance, das Teil zu wechseln. Der Profi schafft es in einer halben Stunde.

Endlich kommen wir mit unseren Kleinigkeiten für den Weihnachtsmarkt zurück, entladen das Auto, was ohnehin schon mit Boot, Paddeln, Bootswagen, Campingmöbeln, Wasserkanistern, Getränkekästen und Fahrrädern voll geladen ist. Kleinigkeiten entzünden schnell Streit. Die Nerven liegen blank. Sie meint, das Auto kann am Straßenrand stehen, um es flink und flott zu entladen. Doch weil kein Lastwagen daran vorbeikommt, braucht es dann doch einen tauglichen Parkplatz. Wenn Nichtigkeiten schwierig werden, braucht man voneinander ein wenig Abstand. Es wird Zeit, nach Hause zu kommen.

Das Auto ist also entladen. Zwar wieder mehr Platz in der Enge, doch Schlaflosigkeit hält mich wach. Die EZB lässt Euro drucken, anscheinend soviel, wie jedes Land braucht.  Der Herbst kommt, das Thermometer fällt unter fünf Grad. Die Heizung läuft immer wieder an, um den Raum erträglich warm zu halten. Es wird Zeit, höchste Zeit, heim zu fahren.



 Quelle: SPON 09-06-12: "Unbegrenzte Anleihenkäufe"

Die EZB lässt Euro drucken, die Zocker im Kasino grinsen. 


Quelle: 09-03-12: BILD / Bundesarbeitsministerium

Die Massen bleiben arm, arm beim Arbeitslohn, arm im Alter. 


Quelle: SPON 09-07-2012
 
Medialer Polit-Poker: Ständig strahlen so schön, so süß die Gier-, Gewalt-, Genuss-, Grinse-Gesellschafter!


Die Nachdenkseiten titelten schon am 13. August griffig über die Giftköchin im KanzlerInnen-Kreis: "Der asoziale Zynismus der Sozialministerin von der Leyen." Wer liest schon die Nachdenkseiten?  Mediale Verblödung wie bei BILD und SPON macht Massenmeinung. Wer hat Zeit und seine fünf Sinne beisammen, sich durch den Dschungel von giftigem Gier-, Genuss-, Gewalt-Gewächs sich seinen Pfad zu bahnen, um Zusammenhänge zu ahnen?

 Quelle: 08-13-12 Nachdenkseiten

Wolfgang Lieb poliert Politik poetisch: "Hinter dem Permanent-Lächeln der Sozialministerin verbirgt sich nicht mehr und nicht weniger als ein asozialer Zynismus."

 Die Maske des Bösen brüllt nicht mehr, wie Nazi- und Stalinschergen meuchelten, die Maske des Bösen lächelt beständig und gibt großherzig einen Schlag Suppe aus der Armenküche den Hungrigen. Wem allerdings kein glückliches Geschick gefügt hat, gnädig sein Brot in der Festung Europa zu brechen, dem droht auf der Flucht wie durch Wüsten oder Wasser der Tod.


Quelle: 09-08-12 taz: "Über 60 Tote im Mittelmeer"

Hinter Masken von Mildtätigkeit enthüllen Medien die zynische Fakten:

Tränenrühriges sentimales Pathos rechnet sich nicht beim Fight-of-the-Fittest im Survival unter Grinsegesichtern.

Es schmerzen mich Kälte, Anstrengungen der Reise, Streit schon daheim im nicht mehr ganz so trauten Heim. Höchste Zeit, nach Hause zu dieseln. Ein paar Blicke zurück, besonders in Städte wie Bamberg, welche durch Universität, amerikanische Soldaten, Gesundheitsindustrie, Priesterseminar und zahlreiche Brauereien Lust und Laune machen. Schon der Weg dahin gibt beim Freund in Adlitz das schöne Gefühl, daheim zu sein.



Ein kuscheliges Plätzchen findet unser WoMo, die Walkuh, neben dem Haus vom Freund Klaus. Das Efeu hat er diesen Sommer von der Wand geschnitten, weil es sich schon unter die Dachfliesen zu wurzeln begann.



Bamberg protzt mit Steinhauer-Punk. Was die Bomben nicht platt gemacht haben, was aus Trümmern neu entstanden ist, an vielen Ecken, Winkeln und Plätzen haben herrschende Mächte ihre steinernen Duftmarken hinterlassen.


Anarchischer Widerstand gegen die Verhältnisse nutzt den öffentlichen Raum wie in Blogs und Leserbriefen dazu, in wohlgesetzten Lettern schablonierte Aussagen an die Wände zu sprühen. So steht in der Fußgängerzone zu lesen:

"Ich lehne die Grundübereinkunft des Gemeinwesens ab. Insbesondere die Überwertung von Besitz."

Schöne Wörtchen, auch die Süddeutsche Zeitung greift die fromme Botschaft auf wie mit ganzseitigem Interview vom 09-06-12 unter dem Titel: "Viel Geld haben und nachhaltig zu leben, ist ein Unding."




Prächtige Predigten - von Kanzeln und Kathedern, aus Bibeln und von Heiligen - wie auch "es geht eher ein Löwe durch ein Nadelöhr als ein Reicher ins Himmelreich" - und folglich verzichtet der Reiche so rührend uneigennützig auf das Himmelreich, was den Armen im Geiste gegeben.


Nicht, dass weiter über diese oder andere Sätze nachzudenken wäre, nein, das Denken überlassen wir lieber den Pferden mit ihren größeren Köpfen. Sinnig wie der Anarcho Pöbel nächtens die Wände besprüht:

"Denken verbraucht das Gehirn."

Es reicht dem Urnenpöbel, den Kanzelkriechern, den New-Age-Adepten, wenn der Führer, der Priester, der Lehrer, der Meister die Richtung vorgibt. Der Rest folgt willig.



Gesalbte Herren aus Politik und Priesterschaft segnen das Treiben der Marktkaufleute und ihrer Kunden auf dem Marktplatz in Bamberg.



Nahezu auf Schritt und Tritt hämmern Werbetafeln, Plastiken, Monumente, Architektur uns Urnenpöbel und Kanzelnkriechern die Botschaft in die Birne:

"Kreuz, Krummstab, Kanone."



Hier ein Prinzregent, dort eine Andachtshalle, Kruzifixe an Kreuzungen und auf Höhen - wer hier im Lande selig lebt, der muss dazu gehören oder zumindest am Tisch mit denen sitzen, die da herrschen und predigen, Schlachten schlagen - wie Friedrich Schiller als Militärarzt wenigstens dabei sein.


Was einst galt als gut und gerecht, das wird auch heut' schon stimmen. So zottelt der Urnenpöbel zur Wahl, der Kanzelkriecher schickt sein Knäblein unter die Kutte vom Sinn der Guten Lebensart zu lecken. Hallelujah.



Monumentale Märchengestalten veranschaulichen jedem Kind, dass Löwen anderes Fressen brauchen als Schafe und Enten. Also bescheidet sich der Dümpel gern sogar, wenn er abends satt und schläfrig von Bier sich von artistischen Körpern beim Boxen und Ballspielen unterhalten lässt. Deutschland sucht den Superstar. Fernsehen macht blöde, Fernweh aufsässig. Lassen wir das! Über sich und dies Leben zu sinnieren, verbraucht nur Gehirn.


Das Leben mag ja noch so jämmerlich und elend, eine Last, ein Kreuz gar sein. Doch wo der Heilige Mann aus Stein so verliebt den Leidenen Jesus herzt und hält, da wird sich kein klein Bäuerlein beklagen über die Last der Abgaben, kein Soldat aufmucken, wenn im Graben fällt Freund oder Feind. Mit marschiert man in gleichem Schritt und Tritt.



Feine Frauen helfen den Frommen, Leid zu ertragen - auch wenn schwer uns schon das Kreuz unter Krummstab und Kanone drückt.



Barbusig dient die Schöne mit verbundenen Augen der Klassenjustiz. Die soll dann walten lassen Gerechtigkeit und der Schlange Böser Begierden den Kopf abschlagen. Mythen als Muster herrschaftlicher Selbstgerechtigkeit über Jahrhunderte eintrainiert und andressiert. Im Namen des Volkes.




Hurra, wir leben in herrlichen Zeiten. Krummstab, Kreuz und Klinge stehen uns bei gegen den Allbösen Feind, den Nachbarn natürlich zuerst.



Bevor diesen Platz dann die Weihnachtsmarkthütten belegen, nützt irgendeine Sekte mit Kreuz, Köter und Kutten die sonnigen Stunnden, um Kunden zu keilen zur schnellen Bekehrung, Belehrung. Hallelujah.



Die herrschenden Eliten in großherzigem Verständnis widmen sogar meinem - und allen - Marktweiblein ein Denkmal. Fest und erdverbundenen gleich wie unter einem Stahlhelm frisiert bietet sie all das, was uns erhält.
 
 
Passend zum lieben Marktweiblein die Statue des "Bösen Mann". Nur gut, dass sich in den vergangenen Jahrhunderten die Menschen hierzulande die Freiheit zur Kirchenkritik erkämpft haben.
 


Ein paar ablenkende Gedanken in der spätsommerlichen Hitze an der Regnitz bei Bamberg. Der letzte Tag vor der Heimkehr.
 
 
Saxonette Luxus nennt sich das Gefährt mit Verbrennungsmotor am Hinterrad. Dieses Fahrzeug taugt auch für Fahrten in der Dritten Welt. Dort saugt man schlechter Strom aus maroden Steckdosen, kauft dafür Benzin aus ehemaligen Plastikwasserflaschen. Aber diese solide Verbrennungsmotoren mussten wackligen Lithiumjonen-Akkus weichen.
 
 
 
Ein letzter Sommersonnen-Blick über die Regnitz bei Bamberg. Wie in surrealen Farben wechseln Grün in Blautöne - unwirklich schön.



Wehmütige Erinnerungen an meine Tochter und ihre letzte Wohnung: Ein kleines Haus unter der Turmuhr mit großem Garten. Ihr kleines gelben Auto, der Smart, steht noch vor der Tür. Ihr Mann, mein lieber Freund, zeigt mir ein wenig von Nürnberg.


Nürnberg im Sonntag-Sommer-Sonnen-Schein: Ein Freizeitpark der guten Laune mit Mittelaltermarkt und Tag des offenen Denkmals.


Rollende Denkmäler: Hier ein Allrad-Volvo mit dem Motto auf der Heckklappe: "Wo ein Weg, da ein Volvo."


Neben meiner Freude über Historische Fahrzeuge begeistern mich immer wieder alte Gebäude. Getreu der Devise "Friede den Hütten, Kampf den Palästen" sind mir kleine Juwelen aus altem Fachwerk das Liebste. Im Rahmen der Gentrifizierung wohnen dort mittlerweile vermutlich auch eher Millionäre. Der Urnenpöbel besiedelt soziale Brennpunkte in Plattenbauten der Vorstädte.

 
München und Nürnberg protzen und prunken mit Denkmäler, Symbole der Macht. Hier zeigt sich ein geflügeltes Engelgesicht mit Raubvogelklauen.
 
 
 
Dieser Symbolik liegt die Ideologie des Herrenmenschen zu Grunde. Menschen in München als "Hauptstadt der Bewegung" und in Nürnberg als Stadt der "Reichsparteitage" sind über Jahrhunderte gleichsam prädestiniert, bestens konditioniert, sich für Gott, Führer und Vaterland zu opfern. So wählt und will es der Urnenpöbel: "Starke Führung" in hierarchisch Struktur - weichgespültes Grinsen in der Gruppe und volle Kante dem Gegner.

Archaische Rituale.
 
 
 
 Was den Menschen tagtäglich als Symbol, als Ideologie ins Gehirn gehämmert wird, wird Volksglaube.


Vor dem Brunnen auf dem Marktplatz in Nürnberg staunen die Menschen über die kunstvolle Gestaltung von Krummstab und Krone. Wer einen Bischofsring küsst, fühlt sich gesegnet.


Mein Freund in Nürnberg, verwandt in Gedanken und Gefühlen -  eine bereichernde Begegnung dieser langen - und nicht immer leichten - Reise.



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