Dienstag, 28. August 2012

"Go East" - Riga / Lettland - Vilnius

Der Mond wird wieder dick. Das bringt schlaflose Nächte. Man sieht es, wenn die Wolken fehlen. Die Sonne kommt immer seltener durch die Wolkendecke. Nachts zieht mich nichts vor die Tür, wenn drinnen die Gasheizung wärmt. Elf Grad gerade sind kein Camping-Klima für einen alten Mann.


Stadtnah campieren wir in Riga. Über diese Hängebrücke auf der Seite des Bankenturms radeln wir in die zauberhafte Altstadt. Der Blick zurück am Morgen zeigt etwas Seltenes: Blauen Himmel. Der ist wichtig, sehr wichtig. Denn ohne Sonnenlicht fehlen der Stadt, dem Land, den Leuten viel, viel Farbe. 


Um mehr von Land und Leuten zu verstehen, muss man tiefer in ihre Geschichte eintauchen. Was es für Land und Leute bedeuten haben muss, 51 Jahre lang unter verschiedenen Besatzungsmächten gelitten zu haben, dokumentiert ein eigenes Museum in Riga: Das Museum der lettischen Okkupation 1940 - 1991.

Doch zuerst zurück zu friedlicheren, freundlicheren Zeiten: Den Markthallen. Die Pracht der Waren lässt sich nur noch durch ihre Präsentation  steigern.


Meine liebe Mimamai-Stephanie ist selbst ein Marktweiblein - Sommers wie Winters. Leider sind die Waren auf dem Markt in Riga zu teuer, als dass sie irgendetwas dort für ihren Weihnachtsmarkt gewinnbringend einkaufen könnte. Doch mir sagen ein paar Fellhandschuhe zu, die einfach als Fäustlinge gearbeitet sind. Doch da sie keine 10 Euro kosten und meine ohnehin bald aufgetragen sind, sollen sie mir schon bald meine Finger wärmen. Denn derzeit - morgens um sechs - sinkt das Thermometer draußen auf 10 Grad. Da geht nichts mehr ohne Heizung im Auto.


In Abwandlung von Brechts Wort "nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm" darf sich meine Erfahrung dem leicht abgewandelt anschließen: "Nur wer im Warmen sitzt, sitzt angenehm." Selbst wer nur als Zuschauer das Große Ehe-Theater vor dem Opernhaus auf der Bühne des Lebens betrachtet, sieht sich schnell schmunzeln. Sind sie nicht süß, so sorglose lichte und leichte Momente? Hierzu meinte mein erster Schwiegervater.


"High ist schnell, der Rest ist raten."



Zwei Soldaten stehen so reglos vor der Freiheitsstatue in Riga, wie sich mittlerweile geschminkte Mimen in vielen Fußgängerzonen als unbewegte Statuen ein Bettelbrot verdienen.

Leider, leider fehlt den Güldnen Sternen das Funkeln, welches nur das Sonnenlicht entzündet. Doch immerhin tröpfelt es, wenn überhaupt, nur sanft und selten.

Obgleich meine Hosen bis weit über die Knie ragen, lässt mich der Torwächter nicht in das Gotteshaus. Er verweist auf das Eingangsschild, welches Shorts, Telefon, Eis und einige Punkte mehr noch verbietet. Mima darf hinein. Sie berichtet begeistert von kurz berockten reizenden Damen, die durch die Halle stöckeln. Selbst Nonnen und ein Pope seien jung und sexy in der barocken Goldpracht russischer Orthodoxie.


Dafür küsst und kitzelt draußen die Sonne für einen kurzen Moment zwar nur für mich das Gold aus des Turmes Zwiebel. Dass zur Pracht dieses Gebäudes nur Gefährte gehobener Ausstattung passen, versteht sich von selbst. Die sechs, sieben Bettler, welche vor dem Gebäude um Almosen flehen, sich Kippen aus dem Straßenstaub sammeln, sind wohl weniger der Rede wert.

 Während meine Frau Mimamai sich im Museum den Schönen Künsten widmet, zieht es mich mehr zum Museum der Okkupation. Zwei Besatzungmächte wüteten mit ihren Schrecken von 1940 bis 1991 im Land Lettland, Nazi-Wehrmacht und Stalin-Sowjet-Schergen.


Der fensterlose langgestreckte Bau links im Bild hinter den martialisch-monströsen Steinkolossen aus rotem Sandstein erinnert ein wenig an die Synagoge in München. Doch deren grauen Wände wirken geradezu freundlich und einladend gegen den grauen Bau des Grauens unter dem grauen Himmel. Bilder haben von dort wenig zu berichten, Hitler und Stalin vereint als Bildnisse. Eine Video-Dokumention über die russischen Gulags nimmt mich die längste Zeit gefangen. Es ist weniger darüber in unseren Medien zu hören, zu sehen und zu lesen als über die Grauen der KZs. Aber in den Gulags, kommentiert die Dokumentation, sollen etwa fünf Millionen Menschen vernichtet worden sein. Ein Besuch der Gedenkstätte gehört zum diplomatischen Protokoll. Auch Merkel war im Jahr 2000 in der Ausstellung und mit bewegten Worten beschreibt sie ihren Dank für die Führung im Gästebuch. Wie jung sie damals noch aussah! Oder wie schnell wir doch altern, wenn wir uns denn selbst sehen könnten und würden.


Die Altstadt in Riga ist weitgehend frei von Autos. Hohe Parkgebühren auf den wenigen Stellplätzen schrecken viele ab, in die Altstadt einzufahren. Zudem sind die Wege selbst für Fahrräder schwer befahrbar, weil das Kopfsteinpflaster kein glattes Gleiten gestattet. Das Pferd in der Fußgängerzone ist zwar nicht auf Füßen, aber auf Hufen unterwegs.


Wie schon in Danzig und so vielen Städten war auch in Riga sehr viel zerstört. Der Wiederaufbau hat der Petri-Kirche den Turm neu aufgesetzt, von dem aus mein Blick lange über Stadt, Land und Zeit sinnend ruht.


Vor dem Aufstieg berührt noch ein getragener Chor mächtiger Stimmen in der Halle mein Gemüt, bevor mich gedrängt mit andern ab einer Empore ein Fahrstuhlführer in lichte Höhen entführt.


Dort liegen Markthallen vor und Fernsehturm hinter der breit und behäbig fließenden Dungava.


Mittlerweile schon etwas bekannter lassen sich Freiheitsstatue sowie die Orthodoxe Kirche aus einem Winkel ansehen.


 Es werde Licht, wünscht man sich, Sonnenlicht!


Ein schmuckes Passagierschiff verlässt die Stadt. Der Wetterbericht hält zwar am Sonntag, was er verspricht, Sonnenschein also, doch auch wir machen uns wieder reisefertig. Die Reise nähert sich ihrem Scheitelpunkt. Nach etwa 2000 Kilometern "Go East" heisst es "Vorwärts Genossen, wir müssen zurück."


Während meiner erholsamen Stunden am Rechner hat sich neben mir eine Familie in einem Ford aus Russland aufgestellt.

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Sybille Berg begeistert mich immer wieder mit ihren verschmitzten Endzeit-Phantasien. Selten, dass jemand mein Gefühl so genau anspricht wie Sybille Berg bei SPON. Die Zuschriften zu ihrer Arbeit zeigen, dass sie den Nerv der Zeit trifft.

Dazu - oder ähnlichem - ein Stimme aus Shangai - vom Rechten Rand der Welt:

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Klar doch, jeder Vollidiot kann heutzutage seine Meinung zum Besten geben und je abstruser und verrueckter sie ist, desto aufregender ist sie und aufgeregter wirkt sie...auf andere, so auch auf mich.
Wo ist denn Amerika mit all seinen Stieglitzen, Krugmaennern und was weiss ich fuer schlaueTypen??
Kein Programm hat bis jetzt dort gegriffen, obwohl die (private !!) Fed die Spekulanten mit aberwitzigen Volumina an Geld fast untergetaucht hat. Die Goldmaenner koennen wieder zocken, wie unter Greenspan, oder sogar noch besser und man bereitet wahrscheinlich wieder den naechsten Crash vor. Man koennte ja noch staerker in die Spekulation mit Lebensmitteln einsteigen, gegessen muss ja werden und bezahlt wird irgendwann jeder Preis... Analystenausblick: Stark positiv
Die Wirtschaft mit immer neuen "Ueberschwemmungen" an Cash (und Schulden) revitalisieren zu wollen, wenn die Wirtschaft es einfach nicht glaubt, dass es aufwaerts geht, dann helfen auch keine "Expertisen" von Nobel-Preistraegern....von denen ich dort auch glaube, dass sie bezahlte Schreibnutten sind, die den Spekulanten Vorschub leisten.
Aus meinem Kopf geht nie mehr heraus, dass Goldman Sachs mit zig Spindocs in der Administration sitzt die ihrem Unternehmen dienlich sind.
Das groesste Obstacle haben sie schon aus dem Weg geraeumt, GS wird wegen der Finanzkrise nicht mehr belangt....Bravo, das waren sicher nur die Lehmaenner, die man hat den Bach runtergehen lassen, weil sie der groesste Konkurrenty von GS waren...touche..Profiarbeit!!

Wenn ich Flassbeck hoere, sehe ich automatisch den groessten Quatschkopf und Versager der BRD vor mir....Lafontaine.... Was Flassbeck, als Souffleur von Lafo, von sich gibt, hat fuer mich die Wertigkeit der Meinung einer Kloofrau am Bahnhof....next please....

Na und dann die ""poesen Toischen", die einfach nicht mehr zahlen wollen...Schweinerei.
Wenn sie nicht zahlen, ist gleich wieder Krieg....meint die linke Mishpoke....
Da werden die duestersten "Dooms Days" an die Wand gemalt....und wer ist schuld? Klar, die deutschen Arbeiter, die nicht mehr fuer Phantomrentner in Griechenland, fuer den vorgezogenen Ruhestand in Frankreich und fuer die Steuerhinterziehungsprofis in Italien und Griechenland bluten wollen.......sind sicherlich alles Kleingeister, die man 'erziehen' muss, linke Paedagogen und Demagogen gibt es zuhauf.

Die Failed European States spielen alle auf Zeit.
Sie warten auf den Regierungswechsel in Germany, wo selbsternannte "Sozial- und Solidaritaets-Nobelpreistraeger" die Sozialisierung der Schulden Europas garnicht mehr abwarten koennen.
Ob es die Wirtschaftsvollprofis Trittin, Gabriel und andere Dampfquatscher sind, die auf solche Flassbecks und Bofingers hoeren, sie haben sich den Schaden Deutschlands auf die Fahnen geschrieben.....

Wenn ich aber schon so ueber die linken Vaterlandsveraechter maule, dann muss ich der Fairness halber auch die schwarz/tiefschwarz/gelbe Koalition ansprechen, die ebenfalls nicht vor Fachkenntnis strotzt. Wenn Schluesselressorts, wie Wirtschaft und Finanzen an "artfremde" Karrierepolitiker verkungelt werden, dann ist das mindestens genauso schlimm...Fehler sind programmiert und der Einwand, dass die doch sooooo viele Experten in den Ministerien sitzen haben, zieht einfach nicht mehr....der Minister traegt die Verantwortung und nicht Fachyogis und Referenten.
Ein Dr. med. hat eben keine Ahnung von Volkswirtschaft, vielleicht noch gerade Expertise, wie man Patienten gewinnbringend in seine eigene Praxis-Bilanz aufnimmt....und Schaeuble, als Advokat, gehen die Luegen ueber die Lippen, dass es eine helle Freude ist....

Ich hatte schon einmal geschrieben, dass ich diesen Bloedsinn wegen eines Kursschocks bei einer Rueckkehr zur DM nicht teile....reine Panikmache von denen, die, wie bereits oben beschrieben, andere Plaene mit Deutschland haben.... Gerade Deutschland hat erhebliche Erfahrungen mit einer bombenfesten DM gehabt und war damit ueber Jahre der vielgepriesene Exportweltmeister.
Man stelle sich nur vor, dass die DM weiter bestanden haette und Deutschland haette die Milliardenstuetzen, die in der EU untergangen sind, zur Exportpflege und binnenwirtschaftliche Programme ausgegeben, anstatt Beitragsrabatte fuer England, Autobahnen in Italien und  idiotische Subventionen fuer allen moeglichen Schwachsinn auszugeben. et cetera pppppp

Die europaeischen Staaten wuerden weiterhin in Deutschland kaufen, ganz einfach weil ihre Industrie solche Guter nicht (mehr) herstellt. England und immer mehr Frankreich, sind auf Importe angewiesen.

Da bekanntlich die Koeter immer bellen und die Karawane immer weiterzieht, werden weiter Milliarden verbrannt werden und was das Schlimmste ist....es ist kein Ende abzusehen, ja, es gibt noch nicht einmal einen Plan...."Management by Chaos"..."Try and Error" usw. als Staatsraison(?)

Die griechischen, italienischen, franzoesischen "Geldbesitzer" und auch viele Deutsche, haben sich nachhaltig von einer Begleichung ihrer Steuern verabschiedet. Das ist nicht in Ordnung, hat aber, neben Geldgier und "Steuerakne", auch den Grund, dass man die Verwendung der Steuern nicht mehr in guten Haenden sieht....Man schlage nach in den Weissbuechern des Bundes der Steuerzahler, Schwarzbuechern des BFH etc. (Valium-Prophylaxe ist angeraten)
Steuerverschwendung ist genauso kriminell wie Steuerhinterziehung !!
Aber das haben die Regierenden voll im Griff, sie beherrschen den 'Luftraum' zu diesen Themen....
Solange Deutschland sich in puncto Korruption von Mandatstraegern und deren Ahndung, auf dem Niveau von Nigeria bewegt, wohl ohne Aussicht auf Aenderung, so lange ist das Vertrauen auch hier abhanden gekommen.....

Die EU, mit ihren Euro-Dilettanten, wird im Kern wohl weiter bestehen bleiben, was gut ist, auch wenn solche Koalitionskiller und Dummquatscher wie Roesler, vor allen Dingen Seehofer, Soeder und Dobrindt, aus Gruenden ihres Wahlkrampfes, am liebsten die Lunte brennen sehen wollen....


Das mal so alles zwischendurch....sozusagen als Rundumschlag, wider die "Prophets of Doom", die amerikanischen Besserwissi-Zocker, Laien in Ministerien und die Korruption von Mandatstraegern......

Gruesse

Wolf

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Doch der Genuss dieser schneller und stabilen WiFi-Verbindung in Riga ist nun auch schon wieder vorbei. Bei Sonnenschein zieht es uns nochmal, letztmalig gen Osten. Wir landen an der Küste in Tuja an, etwas abseits der Küstenstraße nach Estland. Etwa 40 Kilometer vor der Grenze entschließen wir uns zur Umkehr.


Nach dieser verehrten Hymne eines Mystikers mit Ahnung des Kommenden verlieren wir uns wieder in den Weiten und Freuden der unendlich liebend sorgenden Natur. Wehe, wenn ihr der Geduldsfaden mit uns Menschengewürm reißt!


Tuja-Camping: Wir stehen an der Klippe zum Meer recht allein. Der Campingwart holt die Bojen der Badebucht ein. Die Saison nähert sich ihrem Ende. Es gab zwar noch kurz WiFi, doch auch die Verbindung ist bald abgeschaltet. Bei einem langen Barfußgang am endlosen Sandstrand stoßen wir auf einige tote Fische, einen toten Vogel und einen toten Waschbär. Bernstein bleibt uns verborgen. Mima schaut nochmal fröhlich zur Aufbautür hinaus und winkt schon mit der Suppentasse. Es sollte dann der letzte Sonnenstrahl sein, bevor sich dann am Abend der übliche Regen einstellte, diesmal allerdings als Dauerregen.



Der Strand ist an manchen Stellen von Findlingen übersät. Dieses Exemplar hat sein graues Haupt mit Seegras bedeckt. Andere haben Frost, Wellen und die Jahrtausende inmitten gesprengt.



Endlos Meer, Wasser, Himmel, Sand, Strand, endlos und inmitten der Mensch, meine liebe Reisebegleiterin hier und im Leben, psychisch den Strapazen von Reise und Mann gewachsen.


Mit den langen Fühlern findet dieser Sechsbeiner im Sand sicher seine Straße zur Seligkeit.



Die erste Strecke zurück von Tuja geht kaum 70 Kilometer ins Landesinnere: Cesis. Das Naturschutzgebiet um den Fluß Gauja ist einmalig. Die Stadt glänzt mit einer uralten Burgruine.


Burgruine in Cesis


Gedenktafel in Cesis



An das ehemalige Foltergefängnis erinnert heute nur noch die Gedenktafel neben der Eingangstür.


Blick auf die mittelalterliche Stadtkirche in Cesis



Der schmucklose Kirchenbau in Cesis strahlt eine in Jahrhunderten erlangene Würde aus.


Manche Behausungen in Cesis werden wohl die Jahrhunderte nicht so schadlos überdauern.



Das Naturschutzgebiet in Cesis erforschen wir auf einen stundenlangen Radtour.



Etwa 20 Kilometer radeln wir auf rutschigem Sandboden durch diesen Wald. Dass wir die letzten 220 Kilometer durch Estland nach Talin nicht mehr geschafft haben, lässt sich bei der Anstrengung am besten verschmerzen.


Selber alternd schwingt Alterndes in einer anrührenden Harmonie mit mir - gleichgültig ob Autos, Menschen, Bäume oder Gebäude. Diese wunderbare Eiche steht am Zielpunkt unserer Radtour. Ein Gewitter zieht auf im Hintergrund, dass wir eilends zurück kehren. Wenn wir zum Auto kommen, sagen wir, dass wir nach Hause fahren. So fahren wir nach der Radtour noch etwa 80 Kilometer weiter bis nach Madona. Dort kommen wir so spät an, dass wir einfach am Krankenhaus auf einem Parkplatz übernachten. Der Platz am See war uns zu einsam. Morgens um 5.00 Uhr schon bei der ersten Dämmerung gibt es dann Kaffee, um gegen 6.00 Uhr das lange Stück über Jekabpils, Daugapils wieder nach Litauen einzufahren. Als Ziel schwebt uns Vilnius, die Hauptstadt von Litauen, vor.



Von Madona nach Jekabpils zeigt die Karte zwar ein rote, also große Straße, doch wir verlassen uns auf das Navi. Als wir auf diese Piste kommen nach einigen Kilometern, wollen wir nicht umkehren. Also müssen wir etwa 40 Kilometer über eine Sandpiste donnern, was bei bis zu 70 km/h dann aber ganz erträglich ist.



Die Grenze zwischen Lettland und Litauen war kaum wahrnehmbar. Da wir letzten Lats nicht mehr vertanken konnten, wechselten wir in litauischen Litas an der ersten Tankstelle hinter der Grenze. Vor Vilnius erholten wir uns am Golf-Restaurant am kartografischen Mittelpunkt Europas. Das Essen war teuer im Golfrestaurant und mäßig. Der kartografische Mittelpunkt bei dem Golfplatz mit Fahnen und Statue groß in Szene gesetzt.


Nach der Pause im Golfrestaurant beim kartografischen Mittelpunkt Europas, etwa 30 Kilometer vor Vilnius, laufen wir gestärkt nach dem Mittag in Vilnius ein, parken Stadt nah und verschaffen uns einen ersten Überblick vom Drei-Kreuz-Gipfel neben dem Burgberg.



Blick über Vilnius vom Drei-Kreuz-Berg



Wir haben die Stadt ja schon von oben gesehen, weshalb wir uns den Aufstieg auf diesen Berg und Turm ersparen.



Vilnius: Pomp und Pracht klerikaler und staatlicher Macht



Klerikal-Fetischisten kommen bei angeblich hundert "Gottes-Häusern" verschiedener  "Gottes-Richtungen" in Vilnius auf ihre Kosten. Dass die Unesco die Stein-Schätze zum Weltkulturerbe adelt, dass die Devisen der Touristen die Preise in Euro-Regionen treiben, all das und mehr versteht sich von selbst.



Klerus und Krieg, Steuern und Sterben - eine perfekte Symbiose. Der verblödete Mob fällt in den Kirchen auf die Knie und auf dem Schlachtfeld in den Schützengraben. Hallelujah! Mit Gott für Volk und Vaterland.


Je mehr sich der klerikale Pomp, die Kreuzigungs-Pracht in Stadt und Region ausbreitet, umso blühender entfalten sich in mir Antiklerikale Hochgefühle. Was früher Adel und Eliten sich in Schlössern schaffen ließen, diese elitäre Machtpracht zeigt sich heute bei der Hochfinanz in Bankentürmen. Verdient wird immer an Blut, Leid, Krieg - eben das Kreuz mit der Kirche, mit Religioten allerorten.


Dass Finanz- und Machteliten sich auch bis in die Betten verdrahten, gehört zum Spiel der Schönen und Reichen.



Um nach Brecht-Eisler zu singen: "Wie man sich bettet, so liegt man...." so lässt sich weicher und reicher als in den Prunkstätten von klerikalen und finanziellen Eliten kaum leben.



Heute betet der verblödende Mob den Fußballgott an. Der sakrale Groß-Gebet-Raum liegt über den Arenen der Fußballstadien. Die Heiligen heutigen Tage sind die muskel-perfekten Schausteller, die nach gelungen Schüssen auf Knieen über den Rasen rutschen, Ball und Boden küssen.


Was unbedingt zu Kreuz und Krone gehört: Kanonen.



Wohlgemerkt: Es ist ein Dienstag, ein Tag für die Produktion. Wir sehen, wie Priester verschiedener Gottesrichtungen, griechisch-, russisch-orthodox und diesen Herrn, ganz in weiß, bei ihrer psalmodieren Kreuzigungs-Kunst.



Das Licht zeigt sich gnädig: Die Sonne gibt dem Glanz erst ihren Segen.



Das Rathaus sieht vergleichsweise bescheiden aus. Mich braucht das alles nicht mehr zu kümmern. Mein Altersgnadenbrot sollte mir laut Gesellschaftsvertrag von den Jungen zufließen, soweit der Staat sich nicht bankrott richtet.



Namen und Orte der esoterischen Club-Häuser sind nahezu beliebig und austauschbar. Die Firma signiert stets unter dem gleichen Zeichen, unter Kreuz und Kanone. Andernorten unter Halbmond, unter Hammer-und-Sichel oder bei Bär und Bulle. Das Spiel gleicht sich geradezu an allen Orten, zu allen Zeiten: Glanz und Gloria, Streben und Sterben für die Idee wessen mörderischen Irrsinns auch immer.



Es reicht an bebilderte Beute den sonnigen Nachmittag, des ersten in Vilnius.



Einen Turm noch zum Abschluß bevor wir uns in unserer rollende Hütte auf den acht Kilometer außerhalb des Zentrums liegenden City-Camping-Platz verrollen. Die Vorstellung eines Gottes, nachgeordnet Kaiser, Könige, Führer, das sich opfernde Stimmviel und Stimmvolk, Hurrapatrioten gegen welche Menschen auch immer. Es wird sich ein Gegner finden lassen, immer ein anderer als der, der vor dem Gemeinen Mann steht, ihm anzudeuten, anzumahnen, wen er wo zu bekämpfen hat. Das "Wie" und "Wo" zum Kampf lässt sich leicht finden.

Genug für heute nach 3000 Kilometern Fahrt von daheim und noch etwas mehr als 1000 Kilometer bis daheim. Es bleibt noch genug Gas für die Heizung, um die Nächte derzeit schon bei sechs, sieben Grad warm zu überstehen.

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